Wortlager / Markus Kutter
 
     

     
 
 
 
 

5. Vereinigte Staaten von Europa – was Schweizer Politiker dazu sagen

1923 veröffentlichte Richard N. Coudenhove-Kalergi sein Buch „Pan-Europa“, und im gleichen Jahr gründete Arthur Charles Nielsen in Chicago seine Firma für Market Research. Das eine geschah völlig unabhängig vom andern. 1935 fand in Zürich eine grosse Untersuchung von nicht weniger als 8309 Haushaltungen statt, um Angaben über den Milchverbrauch zu bekommen (und arbeitslos gewordene kaufmännisch ausgebildete Leute zu beschäftigen). Ebenfalls 1935 nahm das Institute of Public Opinion von George Gallup in den USA seine Tätigkeit auf. Wiederum hatte das eine mit dem anderen ursächlich nichts zu tun. Aber feststellen darf man, dass in diesen zwölf Jahren zwischen 1923 und 1935 begriffen wurde, dass Bewegungen im Markt und Veränderungen in der Meinungsbildung beobachtet und systematisiert werden können und dass es sich für Güter, Dienstleistungen und eben auch Ideen lohnt, das Interesse und die Aufnahmebereitschaft bei den Leuten im voraus zu erforschen, um die Marktchancen zu verbessern. Das sich zuerst anbietende Instrument für jede Form Markt- und Meinungsforschung war ohne Zweifel der an einen repräsentativen Kreis von Personen verschickte Fragebogen.

Der Zentralvorstand der „Schweizerischen Vereinigung für eine europäische Staaten-Union“ beschloss am 1. August 1926, in einer Rundfrage die Mitglieder der schweizerischen Räte und „noch eine Reihe anderer Persönlichkeiten, die nicht dem politischen Leben angehören“ um ihre Meinung über die „Vereinigten Staaten von Europa“ zu bitten. (Über den ganzen Vorgang sind wir durch einen Artikel von Werner Schmid (1898-1981) in den „Schweizerischen Monatsheften für Politik und Kultur“ vom Juli 1927 orientiert; Schmid war damals Geschichtslehrer in Oberwetzikon, schrieb ein sehr kritisches Buch über den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler, mit dem er sich später versöhnte, und galt als entschiedener Gegner der vom Nationalsozialismus beeinflussten „Fronten“ in der Schweiz. Zwei Mal amtete er vor 1971 als Mitglied des Nationalrates.)


Eine private Gesellschaft, die sich übrigens um die gleiche Zeit den neuen Namen „Paneuropäische Union“ gab, wollte also bei eidgenössischen Parlamentariern und weiteren politisch massgebenden Personen eine Meinungsforschung durchführen, um Argumente zu Handen der Öffentlichkeit zu gewinnen und sich selber darüber klar zu werden, was die Schweiz im Hinblick auf eventuelle Vereinigte Staaten von Europa vorkehren könnte oder sollte. Das kam in den gestellten Fragen zum Ausdruck: „1. Halten Sie die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa für wünschenswert? 2. Halten Sie die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa für möglich? 3. Glauben Sie, dass die Schweiz in irgend einer Weise initiativ vorgehen könnte und sollte?

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© 2004 Markus Kutter Nach Oben zurückweiter